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Kaffee Montag: Zmittag im Glas

Unser montägliches «Stadtzmittag» führt uns auf einen Abstecher ins «Kaffee Montag». Dort werden nicht nur kulinarische, sondern auch musikalische Häppchen serviert. Von Aline Jordi

Das «Kaffee Montag» ist ein kleines Familienunternehmen. Als Barbara vor zweieinhalb Jahren die Gelegenheit bekam, ihren Traum vom eigenen Restaurant in der Altstadt umzusetzen, war es für Tochter Sophie keine Frage, sie dabei zu unterstützen. Seither sorgt das Mutter-Tochter-Gespann von montags bis samstags für das Wohl ihrer Gäste, darunter sind auch viele StammkundInnen der anliegenden Geschäfte. Denn im Kaffee Montag (ehemals Café Lemp) gibt es ein täglich wechselndes Mittags-Menü, das sich auch im Glas mitnehmen lässt.

Oberstes Kredo in der Küche Montag ist die frische, saisonale und regionale Zubereitung mit Bio-Zutaten bzw. qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. So stammen beispielsweise Käse und Trockenfleisch für die Apéroplättli von JumiGemüse und Milch vom Biolieferanten Horai und der Kaffee von der Familienrösterei «Kaffee Rast» in Ebikon. Damit die frische Zubereitung ihren Namen verdient, steht Barbara zwischen 6 und 7 Uhr morgens im Kaffee und bereitet zuerst die Tagessupe und das Hauptgericht zu, bevor Birchermüesli und belegte Brote an der Reihe sind. Dafür steht ihr nur eine einzelne mobile Herdplatte zur Verfügung, denn eine richtige Küche gibt es nicht. Aber die gelernte Bibliothekarin besitzt jahrelange Catering-Erfahrung, weshalb sie bestens in dieser improvisierten Koch-Ecke hantieren kann. Sobald die ersten Gäste um 9 Uhr eintrudeln, werden sie von Sophie umsorgt. Die erfahrene Barkeeperin weiss was einen guten Service ausmacht, denn die Lage am unteren Gerechtigkeitsgässchen ist zwar wunderschön, aber erst die Herzlichkeit macht es aus.

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Bei unserem Besuch standen Linsensuppe (9.-), Lasagne (9.50) oder (Linsen-)Pasta mit Gemüse/Fleisch (9.50) auf der Karte. Die Wahl fiel auf letztere, vegetarische Variante. Auf den ersten Blick mögen gute EsserInnen skeptisch sein, ob die Menge im Glas denn auch wirklich satt macht. Auf den zweiten Blick vergrössert sich die Skepsis, da es eher Gemüse mit ein bisschen Pasta ist, anstatt umgekehrt. Wer aber bereits einmal Linsenpasta gekocht hat, der weiss um die fragile Konsistenz der Nudeln, die nach dem Kochen in kleine Einzelteile zerfallen und deshalb kaum mehr erkennbar sind. Trotzdem dürfte das Verhältnis ein bisschen ausgewogener sein.

Das leichte Sösseli mit Cherry-Tomaten passt sehr gut zum knackigen Wintergemüse und nachdem der Name der Kohlsorte dank Google als «Romanesco» zugeschrieben werden kann (der übrigens irgendwas mit der Fibonacci-Zahlenfolge zu tun hat, aber dies nur am Rande), wird sie für den nächsten Einkaufszettel vorgemerkt. Die drei Brotscheiben sorgen schliesslich für den nötigen Kohlenhydrat-Ausgleich: bereits beim ersten Bissen ist klar, dass es sich um eine irrsinnig gute Brotqualität handeln muss. Dahinter steckt die Bäckerei Backbord aus Ostermundigen, die übrigens jeden Donnerstag am «Allmend Abendmarkt» in der alten Feuerwehr Viktoria einen Stand hat. Die anfängliche Skepsis hat sich also in Luft aufgelöst, und das Zmittag im Glas macht tatsächlich satt.

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Das Zmittag im Glas ist überhaupt eine geschickte Sache: Einerseits wird unnötiger Abfall verhindert, andererseits sorgt das Depot von 4 Franken dafür, dass man mindestens ein zweites Mal vorbeikommt. Diese unbeabsichtigte Art der Kundenbindung kann dazu führen, dass Kundinnen wie ich die Kuchenvitrine beim zweiten Besuch nicht einfach links liegen lassen können. Wenn man auf das Depot verzichtet, kostet das hausgemachte Cheesecake nämlich «nur» noch 2 Franken. Beim ersten Bissen wird die süsse Erwartung des Gaumens zuerst bitter enttäuscht, mit der er Cheesecakes normalerweise in Verbindung bringt. Der «Cheese» ist ziemlich sauer und etwas gewöhnungsbedürftig. Sobald der zweite Bissen jedoch das «Cake» erreicht, werden alle Erwartungen erfüllt – der süss-buttrige Krümelteig mit einer Prise Salz ist ein Genuss und die hausgemachte Konfitüre versöhnt den Gaumen mit ihrer wuchtigen Süsse. Das Fazit: ohne Säure wäre dieses Dessert wohl nur halb so interessant.

Die Kochkünste an der Gerechtigkeitsgasse 27 sind eben nicht alltäglich sondern montäglich, und Montage dürfen ruhig mit ein paar Überraschungen aufgepeppt werden, sorgen sie doch oft genug für trübe Gedanken. Abgerundet wird die Woche jeden Freitag mit verlängerten Apéro-Öffnungszeiten und kleinen Hauskonzerten.