Zurück

Festival-Report: Gartenfestival

Feiern in der Lorraine

Wer nicht auf den Hausberg will, findet schon seit längerem vor und hinter dem Café Kairo ein zweitägiges Alternativprogramm. Unser Gartenfestival-Report. Von Kevin Mc Loughlin

Das Gartenfestival, Gegenprogramm zum übersponsorten Volksfest auf dem Gurten, präsentierte auch dieses Jahr einen bunten Strauss hiesigen und internationalen Musik- und Kunstschaffens in der Lorraine. In gemütlicher Atmosphäre vor, hinter und im Café Kairo konnte während zweier Tage Kultur, Gemeinsamkeit, leckeres arabisches Essen und vielleicht das eine oder andere Bier zu viel genossen werden.

Freitag: Lesen, Hören, Lernen

Giuliano Musio

Der Freitag begann mit einem eher speziellen Programmpunkt: Schriftsteller Giuliano Musio las mit musikalischer Unterstützung durch Robert Aeberhard aus seinem Erstlingswerk „Scheinwerfen“ (siehe Bild) und verschaffte den früh gekommenen Gästen so einen anregenden und ungewöhnlichen Einstieg in das Gartenfestival. Polar aus Genf waren es, die im Anschluss als erster „vollmusikalischer“ Act im Kairo-Hinterhof auftraten. Das Konzert der Electro-Folk Band um Songschreiber Eric Linder zog viele in seinen Bann und kann durchaus als erstes Highlight des Gartenfestivals 2015 bezeichnet werden. Nachdem Polar letztes Jahr am Paléo schon zu überzeugen wussten, lieferten sie auch auf der kleinen Bühne ein äusserst druck- und gefühlsvolles Konzert ab. Die Londoner Beaty Heart hatten danach nicht gerade den leichtesten Stand. Ihr teils stark an Animal Collective (ohne Elektronik), teils an Vampire Weekend erinnernder Dream-Pop mit Psychedelia-Einschlag passte sich dann aber ganz wunderbar in den Abend ein.

Allerdings wurden uns die freudige Tanzerei mit der Zeit doch ein klein wenig zu viel des Guten, worauf wir die Tische vor dem Kairo aufsuchten. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Denn das folgende Konzert – vom hochenergetischen Luzerner Duo Blind Butcher – fand im Keller des Café Kairo statt, was Festivalneulingen und auch uns zu spät erst auffiel. Entsprechend hörten wir ihr Konzert nur dumpf aus dem unteren Stock herauswummern. Was aus dem Keller drang, klang allerdings gut und die Ansicht der klatschnassen Leute, die ab und an aus dem Innern an die wohlige Abendluft herauskamen, sprach ebenfalls Bände. Das DJ Set der Set Top Boys wurde dann dem Bier geschuldet ausgelassen. Es sollte immerhin am Folgetag noch einmal in die Lorraine reichen.

Samstag: Liebe, Schläge, Tiernamen

Trampeltier of Love 2

Den Samstag eröffnete die Berner Supergroup (respektive lokale Boyband) Trampeltier of Love, bestehend aus Matto Kämpf, King Pepe und Marc „Le Rex“ Unternährer. Und was viel versprach, wurde auch entsprechend gut. Matto Kämpf las seine skurrilen Alltagsgeschichten, King Pepe sang seine kuriosen Lieder und Le Rex blies dazu in die Tuba. Ein tolles, spassiges Konzert auf allen Ebenen. Ebenfalls toll und vor allem kopflastig wurde es im Anschluss mit dem Berner Schlagzeuger Julian Sartorius und dem englischen Musiker Merz. Sie treten schon eine geraume Zeit als Merz feat. Sartorius Drum Ensemble auf – wobei Merz singt und Sartorius mit drei weiteren Schlagzeugern exklusiv durch Perkussion für die Instrumentalisierung sorgt. Das Resultat ist mitreissend, komplex, anstrengend und hochinteressant. Entsprechend war auch das Konzert – wenn sich auch nicht alle gleich für diese doch eher experimentelle Schiene begeistern konnten. Durchgehend Anklang fanden danach die Genfer Duck Duck Grey Duck (abgesehen vielleicht von ihrer Namenswahl). Surf-Gitarren treffen bei ihnen auf psychedelischen Garage-Rock, auf der Stimme liegt viel Hall – keine Frage, von dieser jungen Band wird man noch viel hören.

Das Konzert war jedenfalls fantastisch. Damit endete der Abend zwar nicht. Aber am völlig ausverkauften Gartenfestival-Samstag wollten wir uns dann doch nicht in die Hitze des Kairo-Kellers wagen und genossen stattdessen noch die wunderbare Stimmung vor dem Restaurant. Verpasst haben wir dadurch zwar das Konzert des Lausanner Rock’n’Roll-Duos John Dear (das sehr gut gewesen sein soll) und das DJ Set der Trottles of the Dead (die wir aber hoffentlich bald einmal wieder im Bad Bonn zu sehen und hören bekommen werden). Allerdings war es die Atmosphäre vor dem Kairo durchaus wert. Beim Gartenfestival geht es mehr um Musik als an anderen Festivals, aber eben auch nicht nur.


INFOBOX

Das Gartenfestival findet jedes Jahr parallel zum Gurtenfestival freitags und samstags im Café Kairo statt. Dieses Jahr vom 17.-18. Juli 2015.


 

 

Di 21.07. 2015