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Deerhunter – Fading Frontier

Was Tom Petty und Kurt Cobain mit "Nocturnal Garage" zu tun haben? Das neue Album von Deerhunter lässt wenig Fragen (und Wünsche) offen. Von Rico Plüss

Man kann wohl sagen, dass Deerhunter sowas wie ein Darling der Indie-Szene (sofern es diese denn überhaupt gibt) sind. Das ist spätestens seit Microcastle der Fall, einem Album, das einen zwischenzeitlichen Höhepunkt darstellt und bei allem Noise, aller Sperrigkeit und Unkonventionalität trotzdem Hymnen wie „Nothing Ever Happened“ oder „Never Stops“ darauf hatte.

Halycon Digest dann, ebenfalls mit einem herausragenden Song („Desire Lines“) verlor einiges an latenter, unterschwelliger Aggressivität. Die darauffolgende Platte, Monomania, zeigte zum wiederholten Male, dass Bradford Cox, der charismatische Sänger der Band, unter praktisch jeden Umständen und mit fast jedem Mittel eingängige Melodien und Lieder hervorbringen kann – auch wenn das Album nicht dieselbe Strahlkraft hat wie Microcastle.

Ein bisschen Albumreview
Und jenes Talent zur Melodie ist es, das er dann auf Fading Frontiers bis zur Perfektion poliert. Unter Einberufung einer riesigen Anzahl an Einflüssen scheint es besonders Tom Petty gewesen zu sein, dessen Arrangements Cox inspiriert haben, was gut zu hören ist, etwa beim Refrain von „Breaker“.

Und es gilt sich zu fragen: Wird man in 20, 50, 80 Jahren von diesem Album sprechen, wenn ein Beispiel für sauberes Songwriting, zeitlose Produktion und Pop-Appeal mit Niveau genannt wird? Es ist ein erstaunliches Album, und trotzdem überrascht es nicht, dass es gerade Deerhunter sind, die mal von sich gesagt haben, „Nocturnal Garage“ zu machen, die dieses Gespür für intelligente und interessante Songs haben. Es erinnert ein bisschen an Nirvana damals, denn in all der Wut, dem Lärm und der Auflehnung waren bei Cobains Songs immer Harmonien verborgen, die nicht kalt lassen.

Der vorab veröffentlichte Song „Snakeskin“ thematisiert Cox‘ Krankheit (Marfan-Syndrom) und er rechnet ehrlich ab mit sich und seinem Schicksal  – und es schimmert etwas von dem Groll der früheren Alben durch.  Es wird sich zeigen, ob das Album den Test der Zeit überdauert und das Zeug zum Klassiker hat. Zumindest unmittelbar nach seiner Veröffentlichung scheint das der Fall zu sein.